Oberarmbruch (Humerusfraktur) – Einleitung
Bei der Humerusfraktur handelt es sich um eine Fraktur (Knochenbruch) des Oberarms (Humerus).
Thesaurussynonyma und ICD-10: Armfraktur; bikondyläre distale Oberarmfraktur; distale Humerusfraktur; distale Oberarmfraktur; Fractura capitis humeri; Fractura humeri; Fraktur der distalen Humerusepiphyse; Fraktur der interkondylären Region des Humerus; Fraktur der oberen Epiphyse des Humerus; Fraktur der proximalen Epiphyse des Humerus; Fraktur der suprakondylären Region des Humerus; Fraktur der Trochlea des Humerus; Fraktur der Trochlea humeri; Fraktur der unteren Humerusepiphyse; Fraktur des Collum anatomicum humeri; Fraktur des Collum chirurgicum humeri; Fraktur des Epicondylus lateralis humeri; Fraktur des Epicondylus medialis humeri; Fraktur des Gelenkfortsatzes des Humerus; Fraktur des Humeruskondylus; Fraktur des Tuberculum majus humeri; Fraktur des Tuberculum minus; Humerusfraktur; Humerusfraktur des proximalen Endes; Humeruskopffraktur; Humeruskopffraktur mit zwei bis vier Fragmenten; Humerusschaftfraktur; multiple Humerusschaftfrakturen; Oberarmfraktur; Oberarmkopfbruch; Oberarmkopffraktur; Oberarmschaftfraktur; offene Oberarmfraktur; offene Oberarmluxation; proximale Fraktur der Humerusepiphyse; proximale Humerusfraktur; proximale Oberarmfraktur; subkapitale Humerusfraktur; suprakondyläre Ellenbogenfraktur; suprakondyläre Humerusfraktur; ICD-10-GM S42.3: Fraktur des Humerusschaftes; ICD-10-GM S42.4-: Fraktur des distalen Endes des Humerus; ICD-10-GM S42.2-: Fraktur des proximalen Endes des Humerus
Anatomie
Am Oberarmknochen (lat. Os humeri oder kurz Humerus) kann man die folgenden Teile unterscheiden:
- Caput humeri (Oberarmkopf)
- Collum humeri (Oberarmhals)
- Corpus humeri (Oberarmschaft)
- Distale Teil des Humerus trägt den Condylus humeri (Gelenkknorren), der mit den Facies articulares (Gelenkflächen) zu Radius (Speiche) und Ulna (Elle) das Ellbogengelenk (Articulatio cubiti) bildet
Formen der Humerusfraktur
Die Humerusfraktur kann je nach Lokalisation des Bruchs in verschiedene Formen unterteilt werden:
Proximale Humerusfraktur
- Betrifft den Oberarmkopf und den Halsbereich des Humerus.
- Häufig bei älteren Menschen aufgrund von Stürzen.
Humerusschaftfraktur
- Fraktur im mittleren Bereich des Oberarms.
- Tritt oft bei direkten Traumata oder Stürzen auf.
Distale Humerusfraktur
- Betrifft den unteren Teil des Humerus, nahe dem Ellenbogengelenk.
- Häufig bei Kindern und kann komplizierte Verletzungen des Ellenbogengelenks verursachen.
Suprakondyläre Humerusfraktur
- Eine spezielle Form der distalen Humerusfraktur, die oberhalb der Kondylen des Humerus auftritt.
- Besonders häufig bei Kindern.
Interkondyläre Humerusfraktur
- Betrifft die Kondylen des Humerus und kann in das Ellenbogengelenk hineinreichen.
- Oft komplex und erfordert meistens operative Behandlung.
Epidemiologie
Proximale Oberarmfrakturen machen etwa 4 % der Extremitätenfrakturen im Kindesalter aus. Die Humeruskopffrakturen (Oberarmkopfbrüche) sowie die distalen Humerusfrakturen machen jeweils ca. 5 % der Frakturen aus.
Die proximale Humerusfraktur (PHF) stellt ca. 4-5 % aller Frakturen des erwachsenen Menschen dar.
Geschlechterverhältnis: Männer zu Frauen beträgt 1 : 2-3 (Humeruskopffraktur).Häufigkeitsgipfel: Die Häufigkeit der Fraktur steigt mit dem Alter deutlich an. Die proximale Humerusfraktur ist die dritthäufigste Fraktur des alternden Menschen.
Proximale Oberarmfraktur: Zweigipfelige Altersverteilung mit der höchsten Inzidenz < 3 Jahre und um das 12. Lebensjahr.
Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) beträgt ca. 70 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr. Bei Frauen jenseits dem 70. Lebensjahr liegt die Inzidenz bei ca. 400/100.000 Einwohner pro Jahr.
Verlauf und Prognose
Verlauf
Bei einer proximalen Humerusfraktur mit konservativer (nicht-operativer) Versorgung ist in der Regel mit einem komplikationslosen Verlauf zu rechnen. Bei einer operativen Versorgung sind Komplikationen möglich, wie beispielsweise Hautirritationen über den Nagelenden und eine Radialisschädigung (Nervenschädigung) bei zu hoher Implantationsstelle.
Bei fachgerecht behandelter Humeruskopffraktur ist es mit einer intensiven Nachbehandlung (Physiotherapie) möglich – wenn die Verletzung nicht zu schwer ist –, die Funktion des Schultergelenks am betroffenen Oberarm in der Regel vollständig wiederherzustellen.
Prognose
Die Prognose ist in erster Linie alters- und frakturabhängig. Mit zunehmendem Alter und mit zunehmender Fragmentanzahl (Anzahl der Bruchstücke) verschlechtert sich die Chance einer vollständigen Wiederherstellung der Funktion des Arms. In Abhängigkeit von der Art der Behandlung ist es nach vier bis sechs Wochen wieder möglich, mit den Händen zu greifen und einfache Tätigkeiten auszuführen.
- Proximale Humerusfraktur: Günstige Prognose bei nicht-dislozierten Frakturen. Dislozierte Frakturen erfordern oft operative Behandlung.
- Humerusschaftfraktur: Gute Heilungschancen mit konservativer oder operativer Behandlung. Langfristige Ergebnisse nach Orthesenversorgung vergleichbar mit operativen Osteosyntheseergebnissen [1].
- Distale Humerusfraktur: Komplexität der Fraktur beeinflusst die Prognose. Operative Behandlung häufig erforderlich.
Komplikationen
- Nervenschädigung: Besonders bei operativen Eingriffen.
- Nicht-Verheilung (Pseudarthrose): Kann bei unzureichender Fixierung oder Durchblutungsstörungen auftreten.
- Infektionen: Insbesondere bei offenen Frakturen.
Langzeitmanagement
Die Langzeitprognose hängt von der Art der Fraktur, der Behandlung und der postoperativen Rehabilitation ab. Eine intensive Physiotherapie ist entscheidend für die Wiederherstellung der Funktionalität des Arms.
Literatur
- Rämö L et al.: Five-Year Follow-Up of Surgery vs Functional Bracing for Closed Displaced Humeral Shaft Fractures JAMA. Published online March 4, 2024. doi:10.1001/jama.2024.2671
Leitlinien
- S1-Leitlinie: Suprakondyläre Humerusfraktur beim Kind. (AWMF-Registernummer: 012 - 014), Dezember 2014 Langfassung
- S1-Leitlinie: Proximale Humerusfraktur beim Kind. (AWMF-Registernummer: 006 - 040), Oktober 2021 Langfassung