Gelenkinnenhautentzündung (Synovialitis) – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Die Synovialitis ist eine entzündliche Erkrankung der Synovialmembran, die die Innenschicht der Gelenkkapsel bildet und für die Produktion der Gelenkflüssigkeit (Synovialflüssigkeit) verantwortlich ist. Sie tritt häufig im Zusammenhang mit entzündlichen Gelenkerkrankungen wie der Arthritis auf und kann durch Traumata, Überlastungen oder Infektionen ausgelöst werden.
Primäre pathophysiologische Mechanismen
Initialer Pathomechanismus:
- Entzündungsreaktion im Stratum synoviale: Die Entzündung der Synovialmembran beginnt mit einer exsudativen Reaktion, bei der Flüssigkeit und Entzündungszellen in die Gelenkhöhle einströmen. Dies führt zu einer Schwellung der Synovialmembran.
- Granulozytenreicher Gelenkerguss: Die Entzündungsreaktion ist durch die Ansammlung von Granulozyten (einer Art von weißen Blutkörperchen) im Gelenk charakterisiert. Diese Zellen sind Teil der körpereigenen Immunantwort und tragen zur Bekämpfung der Entzündung bei.
Molekulare und zelluläre Veränderungen:
- Freisetzung von Entzündungsmediatoren: Proinflammatorische Zytokine wie IL-1 und TNF-α werden freigesetzt und verstärken die Entzündung, indem sie die Migration weiterer Entzündungszellen in das Gelenk stimulieren.
- Synoviale Hypertrophie: Die Synovialmembran verdickt sich durch die anhaltende Entzündungsreaktion und es kommt zu einer Hyperplasie (Vermehrung der Zellen), was die Schwellung des Gelenks verstärkt.
Sekundäre pathophysiologische Veränderungen
Veränderungen in der Gewebsarchitektur:
- Schwellung der Synovialmembran: Durch die Entzündung und die Ansammlung von Flüssigkeit schwillt die Synovialmembran stark an, was die Beweglichkeit des Gelenks einschränkt und zu Schmerzen führt.
- Gelenkerguss: Die übermäßige Produktion von Synovialflüssigkeit führt zur Bildung eines Gelenkergusses, der den Gelenkspalt erweitert und den Druck auf die Gelenkkapsel erhöht.
Beteiligung des umgebenden Gewebes:
- Kapseldehnungsschmerz: Durch die Schwellung und den Erguss wird die Gelenkkapsel gedehnt, was zu erheblichen Schmerzen führt, die bei Bewegung des betroffenen Gelenks verstärkt werden.
- Bewegungseinschränkung: Der zunehmende Druck im Gelenk und die Schmerzen führen zu einer verminderten Beweglichkeit des betroffenen Gelenks. Dies kann in schweren Fällen zu einer vollständigen Blockade der Gelenkfunktion führen.
Klinische Manifestation
Leitsymptome:
- Gelenkschmerzen: Patienten berichten über dumpfe oder stechende Schmerzen im betroffenen Gelenk, die durch Bewegung verstärkt werden. Der Schmerz kann auch in Ruhephasen anhalten.
- Schwellung: Sichtbare Schwellung des betroffenen Gelenks, oft begleitet von Rötung und Überwärmung, die auf die zugrunde liegende Entzündungsreaktion hinweisen.
Fortgeschrittene Symptome:
- Bewegungseinschränkung: Die Beweglichkeit des Gelenks ist aufgrund des Ergusses und der Schmerzen stark eingeschränkt, was alltägliche Aktivitäten erschwert.
- Funktionsverlust: In fortgeschrittenen Fällen kann die Synovialitis zu einem Verlust der Gelenkfunktion führen, wenn der Erguss und die Entzündung nicht behandelt werden.
Progression und Organbeteiligung
Lokale Gewebeveränderungen:
- Chronische Entzündung: Wenn die Entzündung unbehandelt bleibt, kann es zu einer chronischen Synovialitis kommen, die die Gelenkfunktion dauerhaft einschränkt und zu irreversiblen Gelenkschäden führen kann.
- Fibrose: Langfristig kann die anhaltende Entzündungsreaktion zu einer Verhärtung (Fibrose) der Synovialmembran führen, was die Beweglichkeit des Gelenks weiter einschränkt.
Funktionelle Auswirkungen und strukturelle Schäden
Beeinträchtigung der Gelenkfunktion:
- Schmerzhafte Bewegungseinschränkung: Der Kapseldehnungsschmerz führt zu einer schmerzbedingten Schonhaltung, die die Beweglichkeit des Gelenks einschränkt.
- Verlust der Gelenkbeweglichkeit: In schweren Fällen kann die anhaltende Schwellung und der Erguss zu einer vollständigen Blockade der Gelenkbeweglichkeit führen.
Regenerative und kompensatorische Prozesse
Versuche der Geweberegeneration:
- Entzündungshemmung: Der Körper versucht, die Entzündung durch die Aktivierung von antientzündlichen Zytokinen zu kontrollieren. In einigen Fällen kann dies zur Abheilung der Synovialitis führen, insbesondere bei frühzeitiger Behandlung.
Kompensatorische Mechanismen:
-
Schonhaltung: Patienten entwickeln häufig kompensatorische Bewegungsmuster, um den Druck auf das betroffene Gelenk zu reduzieren, was jedoch langfristig zu muskulären Dysbalancen führen kann.
Zusammenfassung
Die Synovialitis ist eine entzündliche Erkrankung der Synovialmembran, die zu einem granulozytenreichen Gelenkerguss und einer schmerzhaften Schwellung führt. Durch die Entzündungsreaktion wird die Beweglichkeit des betroffenen Gelenks erheblich eingeschränkt. Die Erkrankung kann, wenn sie nicht behandelt wird, zu chronischen Schäden und einem Funktionsverlust des Gelenks führen.
Ätiologie (Ursachen)
Krankheitsbedingte Ursachen
- Allergisch bedingte Synovialitis
- Arthritis bei:
- Borreliose
- Psoriasis (Psoriasisarthritis, PsA)
- Gelenkirritation nach einer Operation
- Granulomatöse Arthropathien wie die Tuberkulose oder Sarkoidose – systemische Erkrankungen, die zur Bildung von knötchenartigen Veränderungen auch in Gelenken führen können
- Intraossäres Ganglion – sich im Knochen befindendes Ganglion
- Kristallarthropathien wie Gicht und Calciumpyrophosphatarthropathie
- Lockerung künstlicher Gelenke
- Meniskopathie – krankhafte Veränderung der Menisken
- Morbus Bechterew – chronische entzündliche Erkrankung der Wirbelsäule, die zu einer Gelenksteife (Ankylose) der betroffenen Gelenke führen kann.
- Nekrotisierende Fasziitis – foudroyant verlaufende lebensbedrohliche Infektion der Haut, der Subkutis (Unterhaut) und der Faszie mit fortschreitender Gangrän; häufig handelt es sich dabei um Patienten mit Diabetes mellitus oder anderen Erkrankungen, die zu Durchblutungsstörungen oder verminderter Immunabwehr führen
- Postinfektiöse Arthritis nach Virusinfektion wie Rubella (Röteln), Parotitis epidemica (Mumps) oder HIV
- Reaktive Arthritis (Synonym: postinfektiöse Arthritis/Gelenkentzündung) – Zweiterkrankung nach gastrointestinalen (Magen-Darm-Trakt betreffend), urogenitalen (Harn- und Geschlechtsorgane betreffend) oder pulmonalen (Lunge betreffend) Infekten; bezeichnet eine Arthritis, wobei sich Erreger im Gelenk (in der Regel) nicht finden lassen (sterile Synovialitis).
- Reiter-Krankheit (Synonyme: Reiter-Syndrom; Morbus Reiter; Arthritis dysenterica; Polyarthritis enterica; postenteritische Arthritis; posturethritische Arthritis; undifferenzierte Oligoarthritis; urethro-okulo-synoviales Syndrom; Fiessinger-Leroy-Syndrom; engl. Sexually acquired reactive arthritis (SARA)) – spezielle Form einer "reaktiven Arthritis“ (s. o.); Zweiterkrankung nach gastrointestinalen oder urogenitalen Infekten, die sich durch die Symptomatik der Reiter-Trias auszeichnet; seronegative Spondylarthropathie, die besonders bei HLA-B27 positiven Personen durch eine Darm- oder Harnwegserkrankung mit Bakterien (meistens Chlamydien) ausgelöst wird; kann sich äußern als Arthritis (Gelenkentzündung), Konjunktivitis (Bindehautentzündung), Urethritis (Harnröhrenentzündung) und teils mit typischen Hautveränderungen.
- Rheumatoide Arthritis – entzündliche Multisystemerkrankung, die sich meist in Form einer Synovialitis (Gelenkinnenhautentzündung) manifestiert
- Speicherkrankheiten wie der Morbus Fabry (Synonyme: Fabry-Krankheit oder Fabry-Anderson-Krankheit) – X-chromosomal vererbte lysosomale Speicherkrankheit, die auf einem Defekt im Gen für das Enzym Alpha-Galaktosidase A beruht, die zu einer progredienten Akkumulation des Sphingolipids Globotriaosylceramid in den Zellen führt; mittleres Manifestationsalter: 3-10 Jahre; Frühsymptome: intermittierende Brennschmerzen, eine verminderte oder fehlende Schweißproduktion sowie gastrointestinale Probleme; unbehandelt kommt es im weiteren Verlauf zu einer zunehmenden Nephropathie (Nierenerkrankung) mit Proteinurie (erhöhte Ausscheidung von Eiweiß mit dem Urin) und fortschreitender Niereninsuffizienz (Nierenschwäche) sowie einer hypertrophen Kardiomyopathie (HCM; Erkrankung des Herzmuskels, der durch eine Verdickung der Herzmuskelwände gekennzeichnet ist).
- Tumoren, die von Synovialmembran ausgehen wie Hämangiome, Lipome oder der tenosynoviale Riesenzelltumor