Herzstillstand – Einleitung

Der Herzstillstand, umgangssprachlich auch als plötzlicher Herztod (PHT; engl. "Sudden cardiac arrest", SCA; sudden unexpected cardiac death, SUCD) bezeichnet, beschreibt das plötzliche Aufhören der Pumpfunktion des Herzens. Infolgedessen werden die Organe nicht mehr mit sauerstoffreichem Blut versorgt, was besonders für das Gehirn innerhalb weniger Minuten kritisch wird. Ohne rechtzeitige Intervention führt der Herzstillstand rasch zum Tod.

Synonyme und ICD-10: ICD-10-GM I46.-: Herzstillstand;  ICD-10-GM I46.1: Plötzlicher Herztod, so beschrieben

Formen der Erkrankung

Der Herzstillstand kann nach der zugrunde liegenden Ursache und dem klinischen Verlauf unterschieden werden:

  • Primärer Herzstillstand: Plötzlicher Herztod ohne vorherige Symptomatik oder bekannte Herzerkrankung.
  • Sekundärer Herzstillstand: Herzstillstand infolge einer bekannten kardialen oder extrakardialen Ursache, wie Myokardinfarkt (Herzinfarkt), Kardiomyopathie (Herzmuskelerkrankung) oder schweren systemischen Erkrankungen.

Besondere Formen:

  • Kammerflimmern: Häufigste Ursache des Herzstillstands, erfordert sofortige Defibrillation (Behandlungsmethode, bei durch einen Gleichstromimpuls eine lebensbedrohliche Herzrhythmusstörung behoben wird)
  • Asystolie: Vollständiges Fehlen elektrischer Aktivität des Herzens, sehr schlechte Prognose.
  • Pulslose elektrische Aktivität (PEA): Elektrische Aktivität des Herzens ohne mechanische Pumpleistung, ebenfalls mit schlechter Prognose.

Ursachen

Herzstillstand kann durch eine Vielzahl von Ursachen ausgelöst werden:

  • Kardiovaskuläre Ursachen (ca. 90 % der Fälle):
    • Ischämische Herzerkrankung: Myokardinfarkt (Herzinfarkt), koronare Herzkrankheit (KHK; Herzkranzgefäßerkrankung).
    • Kardiomyopathie: Herzmuskelerkrankungen.
    • Herzrhythmusstörungen: Kammerflimmern, AV-Block III, ventrikuläre Tachykardie.
  • Nicht-kardiovaskuläre Ursachen:
    • Pulmonale Embolie (Verstopfung eines Blutgefäßes in der Lunge)
    • Schwere Hypoxie (Sauerstoffmangel)
    • Hypoglykämie (Unterzuckerung)
    • Elektrolytstörungen (Störung des Salzhaushaltes)

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Männer sind doppelt bis vierfach häufiger betroffen als Frauen.

  • Ein spezifischer Fakt: Einer von neun Männern stirbt an einem plötzlichen Herztod. Bei den Frauen beträgt das Verhältnis nur eins von 30 [1].

Häufigkeitsgipfel: Das Risiko steigt ab dem 60. Lebensjahr erheblich. Ein Drittel der Betroffenen ist jedoch jünger als 65 Jahre. Männer sterben meistens am plötzlichen Herztod nach dem 45. und vor dem 70. Lebensjahr.

  • Blutdruck als Risikofaktor: Der Blutdruck gilt als bester Parameter zur Risikoprädiktion des plötzlichen Herztodes. Höchstes Lebenszeitrisiko für plötzlichen Herztod hatten Männer aus der Gruppe der 45-Jährigen mit 16,3 %, bei denen Blutdruckwerte über 160/100 mmHg vorlagen, sowie Raucher [1].

Prävalenz: In Deutschland sterben geschätzt 100.000 bis 200.000 Menschen jährlich an plötzlichem Herztod.

Inzidenz: Etwa 1 pro 1.000 Menschen pro Jahr in Industrieländern.

Saisonale Häufung der Erkrankung: Keine ausgeprägte saisonale Häufung; jedoch tritt der Herzstillstand in den ersten drei Stunden nach dem Aufwachen doppelt so häufig auf wie zu anderen Tageszeiten.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Ohne sofortige Reanimation führt der Herzstillstand innerhalb weniger Minuten zum Tod.
  • Bei Patienten mit Kammerflimmern und rascher Defibrillation innerhalb der ersten Minute bestehen Überlebenschancen von bis zu 90 %.
  • Die Überlebenschancen sinken ohne Reanimation pro Minute um 7-10 %, und das Risiko für irreversible Hirnschäden steigt.

Prognose

  • Die Prognose ist stark abhängig von der Zeit bis zur Reanimation und der Ursache des Herzstillstands.
  • Etwa 95 % der Patienten sterben, bevor sie das Krankenhaus erreichen.
  • Autopsie-gesicherte plötzliche Herztode: In einer Studie lag der Autopsie-gesicherte plötzliche Herztod (SCDs; sudden unexpected cardiac death) bei nur 59 % der Fälle vor: Von 525 WHO-definierten SCDs hatten 301 (57 %) keine Anamnese für eine Herzerkrankung. Die häufigsten Todesursachen waren koronare Herzkrankheit (32 %), Drogenmissbrauch (13,5 %), Kardiomyopathie (10 %), Herzhypertrophie (8 %) und neurologische Ursachen (5,5 %) [2].

Literatur

  1. Bogle BM et al.: Lifetime Risk for Sudden Cardiac Death in the Community. J Am Heart Assoc. 2016; 5: e002398 originally published June 29, 2016 doi: 10.1161/JAHA.115.002398
  2. Tseng ZH et al.: Prospective Countywide Surveillance and Autopsy Characterization of Sudden Cardiac Death: POST SCD Study. Circulation. 2018 Jun 19;137(25):2689-2700. doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.117.033427.

Leitlinien

  1. 2015 ESC Guidelines for the management of patients with ventricular arrhythmias and the prevention of sudden cardiac death. The Task Force for the Management of Patients with Ventricular Arrhythmias and the Prevention of Sudden Cardiac Death of the European Society of Cardiology (ESC)Endorsed by: Association for European Paediatric and Congenital Cardiology (AEPC). doi: http://dx.doi.org/10.1093/europace/euv319 1601-1687 First published online: 29 August 2015
  2. S2e-Leitlinie: In-flight Cardiopulmonary Resuscitation during Commercial Air Transport:Consensus statement and Supplementary Guideline from the German Society of Aeros pace Medicine (DGLRM). Intern Emerg Med. 2018 Dec;13(8):1305-1322. doi: 10.1007/s11739-018-1856-4.
  3. Gräsner J.-T. et al.: European Resuscitation Council Guidelines 2021: Epidemiology of cardiac arrest in Europe. Published by Elsevier B.V. März 2021. doi.org/10.1016/j.resuscitation.2021.02.007
  4. ESC Guidelines: 2022 ESC Guidelines for the management of patients with ventricular arrhythmias and the prevention of sudden cardiac death: Developed by the task force for the management of patients with ventricular arrhythmias and the prevention of sudden cardiac death of the European Society of Cardiology (ESC) Endorsed by the Association for European Paediatric and Congenital Cardiology (AEPC). European Heart Journal August 2022.