Geschmacksstörungen (Dysgeusie) – Einleitung
Als Dysgeusie – umgangssprachlich Geschmacksstörung genannt – bezeichnet man eine pathologische (krankhafte) Veränderung des Geschmacks. Diese Störung kann vielfältige Ursachen haben und tritt entweder erworben im Laufe des Lebens oder selten kongenital (angeboren) auf.
Synonyme und ICD-10: Schmeckstörung; ICD-10.GM R43.2: Parageusie
Formen der Dysgeusie
Nach Ursache
- Epitheliale Ursache: Ursache im Bereich der Mukosa (Schleimhaut) bzw. der Geschmacksknospen.
- Traumatische Ursache: Folge von Verletzungen.
- Zentralnervöse Ursache: Ursache im Nervensystem.
Nach Art der Störung
- Qualitative Störungen
- Parageusie: Veränderung des Geschmackssinns bzw. der -wahrnehmung.
- Phantogeusie: Wahrnehmung von Schmeckeindrücken in Abwesenheit einer Reizquelle.
- Quantitative Störungen
- Ageusie: Vollständiger Ausfall des Geschmackssinns.
- Hypergeusie: Pathologisch gesteigerter Geschmackssinn bzw. erhöhte gustatorische Sensitivität.
- Hypogeusie: Teilweiser Ausfall bzw. Abschwächung des Geschmackssinns.
Pathophysiologie
Das Geschmacksempfinden im Bereich der Zunge ist auf fünf Grundqualitäten beschränkt: sauer, bitter, salzig, süß, umami. Der Feingeschmack, wie z. B. Blumen oder Wein, wird durch das retronasale Riechen wahrgenommen. Flüchtige Aromastoffe, die beim Verzehr von Lebensmitteln freigesetzt werden, werden über den Rachenraum in die Nasennebenhöhle zu den olfaktorischen Rezeptorzellen (Riechsinneszellen) transportiert.
Beachte: Patienten beschreiben häufig eine Geschmacksstörung, obwohl eigentlich das retronasale Riechen gestört ist.
Epidemiologie
Geschmacksstörungen sind im Vergleich zu Riechstörungen (Dysosmie) eher selten. Oft treten beide Störungen kombiniert auf. Wenn die Dysgeusie allein auftritt, handelt es sich meist um qualitative Störungen.
Differentialdiagnosen
Eine Dysgeusie kann Symptom vieler Erkrankungen sein, darunter:
- Infektionen (z. B. Sinusitis, Pharyngitis)
- Neurologische Erkrankungen (z. B. Multiple Sklerose)
- Systemische Erkrankungen (z. B. Diabetes mellitus)
- Medikamentennebenwirkungen
- Strahlentherapie im Kopf-Hals-Bereich
Eine Dysgeusie kann Symptom vieler Erkrankungen sein (siehe unter “Differentialdiagnosen“).
Verlauf und Prognose
Verlauf
Der Verlauf von Geschmacksstörungen kann variabel sein und hängt stark von der Ursache sowie dem Zeitpunkt des Auftretens der Symptome ab.
- Akuter Verlauf: Bei infektiösen oder traumatischen Ursachen kann der Geschmackssinn oft innerhalb weniger Wochen bis Monate nach Behandlung der Grunderkrankung oder Heilung der Verletzung wiederkehren.
- Chronischer Verlauf: Chronische oder lang anhaltende Geschmacksstörungen, die durch systemische Erkrankungen oder neurologische Schäden verursacht werden, können persistieren und bedürfen einer langfristigen Betreuung.
Im Rahmen der Erkrankung kann der Geschmackssinn vollständig ausfallen (Ageusie) oder in verschiedenen Graden abgeschwächt (Hypogeusie) oder verändert (Parageusie) sein.
- Qualitative Störungen wie Parageusie und Phantogeusie treten häufig als isolierte Symptome auf und sind schwer therapierbar.
- Idiopathische Geschmacksstörungen: Bei unbekannter Ursache (idiopathisch) kommt es häufig zur spontanen Rückbildung der Symptome.
Prognose
Die Prognose hängt maßgeblich von der zugrunde liegenden Ursache und der Dauer der Symptomatik ab:
- Spontane Rückbildung: Eine Parageusie sowie eine Phantogeusie bilden sich in etwa 60 % der Fälle innerhalb eines Jahres spontan zurück.
- Idiopathische Fälle: Bei idiopathischen Geschmacksstörungen ist eine spontane Rückbildung ebenfalls häufig.
- Chronische und persistierende Fälle: Bei lang anhaltenden Störungen, insbesondere solchen mit zentralnervöser Ursache, kann die Prognose schlechter sein und die Störung kann persistieren.
Spezifische Behandlungsmöglichkeiten stehen derzeit nicht zur Verfügung. Die Therapie richtet sich nach der Behandlung der Grunderkrankung, falls identifiziert.
Leitlinien
- S2k-Leitlinie: Riech- und Schmeckstörungen. (AWMF-Registernummer: 017 - 050), April 2021 Langfassung